Beating Bali: Eine Insel zwischen Ekstase und Entspannung

09.05.2018 19:35

Unterwegs in Bali, Indonesien. Foto: Wolfgang Bürkle

Es regnet am Pura Besakih, dem heiligsten Tempel von ganz Bali. Schwüle macht sich breit - obwohl wir auf gut 950 Metern Höhe am Südwesthang des Vulkans Gunung Agung sind. Den unzähligen Pilgern, die gerade hier sind, scheint der Regen nichts auszumachen. Ich habe keine Ahnung, was die Hindus gerade heute hier feiern, aber es ist mir auch wurscht. Mir kommt es auf die Stimmung an. Hunderte Hindus beten, verteilen Opfergaben, murmeln irgendwas vor sich her, laufen zwischendurch mit irgendwelchen Schreinen im Nassen durch die Tempelanlage und beten an einem anderen Abschnitt geradezu ekstatisch weiter. Es wirkt für mich chaotisch und planlos. Das Vorbeten einer älteren Dame wird durch Plappern und Beten immer wieder unterbrochen, ohne das sich jemand länger daran stört. Ich zwänge mich durch die Menge, laufe mit Schirm in der Hand die Treppen hoch und kann nur über das wirre Gewusel staunen. 

Unterwegs in Bali, Indonesien. Foto: Wolfgang BürkleUnterwegs in Bali, Indonesien. Foto: Wolfgang Bürkle
 
Doch genau auf dieses treffe ich immer wieder in Bali - einfach zu viele Menschen, die sich an vielen Stellen drängen, um zu Beten, zu Fotografieren oder zu Feiern. Zu viele Touristen, zu viele Einheimische. War ich am Anfang noch positiv überrascht, dass in Lovina Beach, an der Nordküste Balis, recht wenige Touristen durch die Gassen und am Strand herum gelaufen sind, wurde ich spätestens am Pura Bratan Tempel eines besseren belehrt. Nix mit andächtiger Ruhe und Stille - wer auch nur länger als ein paar Momente für ein Selfie benötigt, wird geschubst oder gephotobombt. Die Instagram-Queens positionieren sich in Booten auf dem See und warten darauf, dass sie für "the next great capture" an der Reihe sind. Ich werde nie verstehen, wieso sie dann von hinten fotografiert werden wollen, wenn sie da doch eh alle gleich aussehen - besonders, wenn sie noch einen riesigen Reisbauern-Hut tragen. Da grinse ich lieber freundlich nach vorne. 
 
Unterwegs in Bali, Indonesien. Foto: Wolfgang Bürkle
 
Das Menschenmassenmekka von Bali nennt sich Ubud - sozusagen das Ischgl der indonesischen Insel: Party, Konsum, Chillen, Essen, Trinken und Verkehr. Die Hauptstraßen dieser Stadt zu überqueren, kann lebensgefährlich sein. Und der Abgasgestank macht das Flanieren zeitweise zu einer Qual. Im Monkey Forest laufen mittlerweile mehr Menschen als Affen herum und bei den allabendlichen Tanzvorführungen drängt man sich eng zusammen. Nur das Ausbrechen aus dem Ort verschafft mir Erholung - zumindest wenn man sich die restlichen gehypten Tempel und Reisfelder spart. Wer etwa die berühmt-berüchtigten Reisfelder von Tegalalang besucht, wird alle paar hundert Meter von einem anderen Feldbesitzer abkassiert; wer hier ein Foto des typisch lächelnden Reisbauerns macht, darf nicht zu knapp Trinkgeld geben, an den Schaukeln in und übers Tal steht man Schlange und die Sprite am Straßenrand kostet gleich doppelt so viel wie im Supermarkt. "Must sees" zum Abgewöhnen. Am Meerestempel Pura Tanah Lot, zu dem Busweise die Touristen gekarrt werden, muss ein Security-Mensch alle paar Momente die Trillerpfeife zücken, damit die vielen Besuchen sich vor der Brandung in Acht nehmen. 
 
Unterwegs in Bali, Indonesien. Foto: Wolfgang Bürkle
 
Wer die Top-Sehenswürdigkeiten allerdings abgehakt hat, der kann mit einer kurzen Suche durchaus ruhige und abgeschiedene Plätze, Felder und Wälder rund um Ubud entdecken. Schon der Gunung Kawi Tempel ist im Vergleich zu den anderen relativ spärlich besucht - ein Grund mögen die gut 300 Treppenstufen sein, die man herablaufen muss, um die Anlage mit den Königsgräbern zu besuchen. Eine gewisse Entspannung bringt auch der Regen wieder mit sich. Plötzlich werden die löchrigen Bürgersteige der Stadt leer, die Luft lässt sich leichter atmen und ein leichter Wind weht durch die Kleidung. Ich sehne mich schon fast zurück nach Lovina Beach, wo ich an einem Abend den Strand nach Westen ablief, an unzähligen Fischerbooten vorbei, über Seile und Müll hinweg, an trendigen Hotels und auch verranzten Hütten entlang, bis die Sonne unterging. Hier waren keine Autos, keine Instagram-Poser und keine nervigen Verkäufer - nur das Rauschen des Meeres und der Wind in den Palmen. Doch der Gedanke dorthin verfliegt so schnell wie der Regen in Ubud aufhört. 
 
Unterwegs in Bali, Indonesien. Foto: Wolfgang Bürkle
 
Drei Nächte verbringe ich in Ubud. Nach den ganzen Erlebnissen von Sumatra und Java, die bisweilen grandios und aufregend waren, schlaucht mich am Ende der Reise dieser konstante Wechsel von fast unangenehmer Hektik, zügigen Abenteuern und dann wieder gähnender Leere, unnützem Nichtstun. Der Regen, die Schwüle und die Abgase der Autos tun ihr Übriges, um mich nach faulen Stunden auf dem heimischen Sofa zu sehnen, mit Riesling im Glas und Ruhe vor dem Fenster. Ja, Bali ist interessant, Bali ist abwechslungsreich, voller faszinierender Landschaften und Tempel. Aber auf meine Favoriten-Liste schafft es die Insel nicht. 
 
Unterwegs in Bali, Indonesien. Foto: Wolfgang Bürkle
Unterwegs in Bali, Indonesien. Foto: Wolfgang Bürkle
 
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