Auf Shakespeares Spuren: In Stratford-upon-Avon

21.08.2019 10:15

In Shakespeares Heimatstadt Stratford-upon-Avon. Foto: wanderwithwolf.com

"When shall we three meet again. In thunder, lightning, or in rain?" (aus "Macbeth")
Das waren wohl die ersten Worte, die ich je von Shakespeare las, irgendwann als Teenager, ich weiß schon gar nicht mehr, warum. Vielleicht wegen Terry Pratchett. Zumindest haben mich die drei Hexen von "Macbeth" und ihre altertümliche englische Sprache so fasziniert, dass ich mir dann auch einige andere Sachen von Shakespeare zu Gemüte führte. Selbst die Schule und Leonardo DiCaprio konnten mir die Werke des Engländers dann nicht mehr versauen. Immer mal wieder las ich in eins rein, schaute Filmadaptionen oder schmunzelte, wenn ich in Büchern und Filmen ein Shakespeare-Zitat erkannte. Unterwegs in England war es nun ein Muss, auch in Stratford-upon-Avon vorbeizuschauen, der Stadt, in der Shakespeare 1564 geboren wurde und 1616 starb.

In Shakespeares Heimatstadt Stratford-upon-Avon. Foto: wanderwithwolf.com

"Die ganze Welt ist eine Bühne und alle Frauen und Männer bloße Spieler.“ (aus "Wie es Euch gefällt)  
Es war leider nicht Gwyneth Paltrow, die mir im rustikalen Geburtshaus des Dichters erklärte, wie die Betten damals beschaffen waren und wie Shakespeare in den Besitz diverser Immobilien in der Stadt kam. Es war eine ältere Dame, die wie andere in und um das Haus ihr Wissen über die Zeit Shakespeares preisgaben und dabei beiläufig aus seinen Werken zitierten. Manche mit mehr, andere mit weniger Verve. Ja, er könnte hier auf diesem unebenen Holzboden gestanden haben. So könnte seine Mutter ihn gekleidet haben. So ähnlich wie dieses wird sein Bett damals gewesen sein. An diesem Fenster soll er auf die Straße geblickt haben. Der Konjunktiv beherrscht das Geburtshaus - es ist ein Museum ohne Dinge, die direkt dem Meister zugeschrieben werden können. Das Meiste, was heute über ihn gesagt wird, ist ähnlich erfunden, wie die meisten Charaktere seiner Stücke. 


In Shakespeares Heimatstadt Stratford-upon-Avon. Foto: wanderwithwolf.com

"Begegnen wir der Zeit, wie sie uns sucht." (aus "Cymbeline")
Shakespeare war schon damals ein Ausnahmetalent - selbst wenn nur wenig über ihn als Person wirklich bekannt ist.  Im April 1564 wurde er in Stratford geboren, vermutlich in dem heute berühmten Haus in der Henley Street. Es war eine beeindruckende Zeit damals: Die Reformation setzte den Protestantismus in England durch, Queen Elizabeth I. wurde gekrönt, immer wieder kam es zu Pest-Ausbrüchen, die Kindersterblichkeit war hoch. Im Register der Holy Trinity Church ist das Datum von Shakespeares Taufe nachzulesen. Mit 18 heiratete er die 26-jährige Anne Hathaway aus dem Nachbarort Shottery, schon sechs Monate später kam Tochter Susanna zur Welt. 1584 folgen die Zwillinge Judith und Hamnet, letzterer starb mit elf Jahren. Viel gibt es dann nicht mehr über Shakespeare zu erfahren - erst, als er als Schauspieler und Autor erfolgreicher Stücke und Anteilseigner des Londoner Globe Theatre wieder auftauchte. In London verdiente er damit so viel Geld, dass er 1596 ein Familienwappen und ein Jahr später New Place, das zweitgrößte Anwesen Stratfords, erwarb. 1611 kehrte er vollständig nach Stratford zurück, wo er im April 1616 starb. Das ist über ihn bekannt - die Fakten sozusagen. Und aus diesen wurde eine schriftstellerische Legende. Die Werke, die ihm zugeschrieben werden, sind auch über 400 Jahre nach seinem Tod Bestseller - sie faszinieren und unterhalten Millionen.

In Shakespeares Heimatstadt Stratford-upon-Avon. Foto: wanderwithwolf.com

"In my stars I am above thee; but be not afraid of greatness: some are born great, some achieve greatness, and some have greatness thrust upon them." (aus "Twelfe Night, Or what you will")
Shakespeare war offenbar ein Großer - und ist ein Großer. Überall ist er in Stratford zugegen. Als Nippes, als Gedrucktes, als Schild, in Form von verkleideten Guides. an fast jeder Straßenecke - oder auch als Eiskrem-Sorte. Shakespeares kreatives Wirken hat seine Erben gefunden. Mit seinen Werken verdiente er schon damals viel Geld, heute verdient die ganze Stadt an ihm. Überall gibt es Bücher, Büsten oder Magneten, Filme und mehr in den Gassen von Stratford-upon-Avon, die noch so richtig schön mittelalterlich herüberkommt. Der Ort ist klein genug, um das Leben und Wirken Shakespeares an einem Tag nachzuvollziehen. Erst das Geburtshaus, dann seine Schule, weitere Häuser von ihm und seiner Familie - und schließlich sein Grab in der Holy Trinity Church, die umgeben ist von einem Friedhof, in dem sich Eichhörnchen tummeln. In der schönen und geschäftstüchtigen Kirche bittet man um eine Spende für den Erhalt des Gebäudes und der Pflege seines Grabs. Nicht erst seit "Shakespeare in Love" ist der Ort ein Touristenmagnet - ganze Busse voller Besucher machen hier jeden Tag halt, auch um die Aufführungen der Royal Shakespeare Company im Theater am Flüsschen Avon zu sehen.  

In Shakespeares Heimatstadt Stratford-upon-Avon. Foto: wanderwithwolf.com


"Wer stets zu Haus bleibt, hat nur Verstand fürs Haus."  (aus "Die beiden Veroneser")
Mir gefällt Stratford-upon-Avon. Die Stadt ist klein und an einem Tag gut zu erlaufen. Ein Pilgerort für Dichter, Schreiber und Historiker - Inspiration lässt sich hier wunderbar finden. Die Besucher geben sich belesen, Schulklassen schmökern in abgegriffenen Heften, überall wird das Flair des 17. Jahrhunderts verbreitet. Wunderschönes Fachwerk in allen Gassen, viele nette kleine Geschäfte. Dazwischen viel Grün und natürlich viele Museen und historisch bedeutsame Gebäude. Es ist durchaus unterhaltsam, überall das Antlitz und die Zitate von Shakespeare zu entdecken, an Hauswänden etwa, oder auf den Pflastersteinen. Ein Tag mag für die ganze Vielfalt der englischen Stadt nicht reichen. Aber wer sagt denn schon, dass ich nicht einmal wieder hierher komme?

 

"Der Rest ist Schweigen." (aus "Hamlet")  

In Shakespeares Heimatstadt Stratford-upon-Avon. Foto: wanderwithwolf.com

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